Geschäfte und Handwerksbetriebe in Michelsdorf – Ein historischer Überblick
Das wirtschaftliche und soziale Leben eines brandenburgischen Dorfes im Wandel der Zeit
Michelsdorf, ein charmantes Dorf mit langer Tradition, war einst geprägt von einer Vielzahl kleiner Geschäfte und Handwerksbetriebe, die das Dorfleben belebten und zur engen Gemeinschaft beitrugen. Die folgenden Beispiele geben einen kleinen Einblick in die wirtschaftliche Vielfalt und die Schicksale einiger ausgewählter Ladenbesitzer und Gewerbetreibender, die Michelsdorf über Jahrzehnte hinweg prägten.
Frisörsalon Wilfried Bielicke
Der Frisiersalon Wilfried Bielicke in der Bäckerstraße war mehr als nur ein Ort, an dem Haare geschnitten wurden. Er diente als Treffpunkt für die Dorfbewohner*innen, als Ort für den Austausch von Neuigkeiten und Klatsch. Herr Bielicke verstand es, mit seiner ruhigen Art und seinem handwerklichen Können eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Besonders an Markttagen herrschte hier reges Treiben, wenn Menschen aus dem ganzen Ort und der Umgebung sich für besondere Anlässe oder den Alltag frisieren liessen. Oft wurde der Salon von mehreren Generationen einer Familie besucht, und so war er nicht nur ein wichtiger Dienstleistungsbetrieb, sondern auch ein sozialer Anker in Michelsdorf.

Konsumverkaufstelle Trude und Karl Born
Der Konsum, geführt von Trude und Karl Born, befand sich zunächst an der Hauptstraße, die später in Rädeler Straße umbenannt wurde. Diese Verkaufsstelle war ein echter Nahversorger für die ländliche Bevölkerung. Hier konnte man Lebensmittel, Haushaltswaren und Dinge des täglichen Bedarfs einkaufen. Die Konsumverkaufstelle war im Laufe der Jahre ein Mittelpunkt des Dorflebens: Oft traf man sich hier auf ein kurzes Gespräch, tauschte Neuigkeiten aus und manch einer erfuhr im Laden von den wichtigsten Ereignissen im Ort.
Später wurde das Gebäude zur Gaststätte Peter Kemnitz umfunktioniert, die wiederum ein Ort für Feierlichkeiten, Versammlungen und geselliges Beisammensein war.
In der jüngeren Vergangenheit wurde an gleicher Stelle das Gemeindezentrum errichtet, das weiterhin als Herz des sozialen Lebens dient.




Kaufmann F. Schächter
Kaufmann F. Schächter betrieb eine Fleischerei sowie ein Lebensmittelgeschäft. Hier konnten die Bewohner frische Fleischwaren, Wurst und weitere Lebensmittel beziehen. Die Verbindung von Fleischerei und allgemeinem Lebensmittelhandel war typisch für ländliche Betriebe jener Zeit und sorgte für eine umfassende Versorgung der Dorfgemeinschaft.
Schächter war nicht nur Versorger, sondern auch ein Mensch mit Sinn für die Belange der Dorfgemeinschaft. Besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten war Verlässlichkeit und Vertrauen gefragt – Werte, für die Schächter stand. Sein Geschäft war Anlaufpunkt für spontane Besorgungen und diente als Treffpunkt für Jung und Alt. Viele Kinder erinnerten sich später mit einem Lächeln an die Bonbons, die sie hier für ein paar Pfennige bekamen.

Kolonialwaren Jacobi
Das Kolonialwarengeschäft von Jacobi war ein klassisches Beispiel für die traditionelle Nahversorgung.
Hier wurden Tee, Kaffee, Zucker, Gewürze, Seife und allerlei Waren aus Übersee angeboten, die das Leben auf dem Land bereicherten. Der Laden versprühte den Duft von Fernweh und Exotik mitten im brandenburgischen Michelsdorf. Der Name „Kolonialwaren“ erinnert an eine Zeit, in der viele Produkte aus den damaligen Kolonien importiert wurden und für die Dorfbewohner eine besondere Bedeutung hatten. Ladeninhaber Jacobi war bekannt für freundlichen Service und gute Beratung – eine Institution, die das Bild des alten Michelsdorf prägte.

Fahrradwerkstatt und Brunnenbau Hermann Semmler der I. und der II.
Herrmann Semmler der I. (Senior) und Herrmann Semmler der II. (Junior) führten eine Fahrradwerkstatt und waren zudem im Brunnenbau tätig. Sie sorgten dafür, dass die Fahrräder der Bewohner verkehrstüchtig blieben und waren gefragte Handwerker, wenn es um die Wasserversorgung und den Bau von Brunnen ging. Ihr Betrieb vereinte traditionelles Handwerk mit technischem Fortschritt und trug maßgeblich zur Lebensqualität in Michelsdorf bei.
Wer in der Chausseestraße lebte, kannte sie: Vater und Sohn Semmler, Männer von unermüdlichem Tatendrang, praktischer Begabung und einem offenen Blick für die kleinen und großen Bedürfnisse der Menschen in ihrer Umgebung. Ihr Alltag war geprägt von handwerklicher Arbeit, Erfindungsreichtum und der Gabe, aus den Dingen, die andere für nutzlos hielten, etwas Sinnvolles zu erschaffen.


Bäckerhandwerk in Michelsdorf Dräger / Koppe
Um 1900 gab es in Michelsdorf die Bäckerei Fischbeck und Nähring. Durch den Zuzug von Ernst Otto Robert Dräger und seiner Familie von Groß-Kreutz nach Michelsdorf, Dorfstr. 4,
wurde 1903 eine weitere Bäckerei eröffnet. Mitte 1930 erfolgte hier ein Generationswechsel.
Sein Sohn Alfred Dräger führte den Betrieb mit seiner Ehefrau Hilda, geb. Pollert, weiter. Frau Hilda entstammte ebenfalls einer Bäckerfamilie.
Alfred Dräger wurde durch den 2. Weltkrieg zur zeitweisen Schließung seines Betriebes gezwungen, da er zum Militär eingezogen wurde. Aus dem Krieg kehrte Alfred Dräger als
Invalide1945 zurück. Um den Familienbetrieb aufrecht zu erhalten, erlernte 1948 sein Schwiegersohn Günther Koppe das Bäckerhandwerk. Von Beruf war er Postangestellter.
Ab 1.1.1966 erfolgte ein weiterer Generationswechsel. Alfred Dräger übergab dem Bäckermeister Günther Koppe und seiner Ehefrau Christel Koppe, geb. Dräger, den Familienbetrieb im Bäckerhandwerk. Der langen Tradition folgend, stieg auch sein Sohn Gerd Koppe mit seiner Ehefrau Ursula Koppe in das Familienunternehmen als Meister des Handwerks in die Bäckerei ein.
Es gelang den Eheleuten während der DDR Zeit den privaten Bäckereibetrieb erfolgreich weiterzuführen. In dieser Zeit freuten sich besonders die Erntehelfer der LPG - Obstbau, deren Bettenhaus genau gegenüber stand, über die Angebote der Bäckerei. An nass kalten Tagen kauften die Studenten nicht nur ein, sondern nutzten die gemütlich warme Atmosphäre, um sich dort aufzuhalten.
(Quelle: Fam. Schinhauer "825 Jahre Michelsdorf, Berichte und Erzählungen aus der Geschichte des Zauche Dorfes")

Bäckerhandwerk Wagner / Pollert
1925 eröffnete der Bäckermeister Ulrich Wagner mit Ehefrau Margarete Wagner verw. Pollert (Kinder Hilda und Karl Pollert) in Michelsdorf, Rädeler Str. 3 seine Bäckerei. Zugezogen ist Familie Wagner aus Berlin/Lichtenberg. 1952 verstarb Ulrich Wagner. Das Geschäft übernahm bis zur Schließung 1967 der Sohn, ebenfalls Bäckermeister, Karl Pollert.


